Effektives CRM in der IT-Branche


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Teil 1: Den Kunden wirklich verstehen

Einen Bestandskunden zu halten ist wesentlich einfacher, als neue Kunden zu gewinnen. Dies gilt insbesondere für Branchen mit Verdrängungswettbewerb und hohem Konkurrenzdruck. Hier gibt es deutliche Parallelen zum Personalmanagement in Zeiten des Fachkräftemangels.

 

Gerade im Vertrieb hochwertiger und erklärungsbedürftiger Produkte ist es von zentraler Bedeutung, die Belange des Kunden zu verstehen. Dies gilt sowohl für Kenntnisse über die Branche des Kunden als auch über seine Firmenstruktur und den Ansprechpartner selbst. Vieles davon lässt sich im Internet recherchieren, aber die wirklich wichtigen Informationen bekommt man nur im Gespräch. Dies erreicht man vor allem durch gutes, aktives Zuhören und gezieltes, kompetentes Erfragen.

CRM

Customer Relationship Management (CRM) bezeichnet eigentlich die Pflege der Kundenbeziehungen, bezieht sich als Fachbegriff jedoch meist auf ein IT-System. Dieses kann bei richtiger Anwendung den Vertrieb und die Geschäftsleitung effektiv unterstützen. Allerdings ist der Aufbau einer langfristigen und partnerschaftlichen Kundenbeziehung eine qualifizierte Aufgabe, die viel Fingerspitzengefühl und Fachkompetenz erfordert.


Als Vertriebsleiter in einem IT-Unternehmen und als Coach bei meinen Kunden konnte ich mehrfach folgendes beobachten: Technisch orientierten Fachleuten fällt es oft schwer, auf die wirklichen Bedürfnisse eines Ansprechpartners empathisch einzugehen. Sie konzentrieren sich verständlicherweise gerne auf die Fakten und die Produkteigenschaften, ungeachtet dessen, ob sie für den Kunden in diesem speziellen Fall relevant sind. Noch fataler ist es, wenn zu schnell auf den Bedarf des Kunden geschlossen wird oder sich ein vermeintlich technisch weniger versierter Ansprechpartner düpiert fühlt.


Um den wirklichen Bedarf eines Kunden zu ermitteln, ist es wichtig, über die reinen technischen Fakten und Anforderungen hinauszugehen. Ein völlig unterschätzter Faktor ist hier der Small Talk. Dabei erfährt man sehr vieles, das wichtig sein könnte, um die die Bedürfnisse und die Strukturen im Kundenunternehmen besser zu verstehen. Auch die persönlichen Befindlichkeiten und Interessen des Ansprechpartners können so in Erfahrung gebracht werden.

Der verdeckte Bedarf

Die IT-Leiter der von mir betreuten Kundenunternehmen hatten beispielsweise ganz unterschiedliche Rahmenbedingungen, in die ihre IT-Landschaft passen musste. So hatten sie an einen Anwendungsserver rein technisch fast die gleichen Anforderungen, nicht jedoch, was das Umfeld betraf. Der eine führte ein Team von Mitarbeitern, deren Jobs durch einen selbstadministrierenden Server gefährdet worden wären. Einen anderen belastete es, dass er ständig im Feierabend oder gar im Urlaub gestört wurde, weil etwas nicht funktionierte. Ein eher häufiger Fall war der, dass der IT-Leiter dem Controlling gegenüber Sparmaßnahmen umsetzen musste. Andere wollten sich mit einem guten System vor ihrem Chef profilieren. Sind diese Informationen vorhanden, kann man die sicheren Jobs des Teams verkaufen oder den ruhigen Feierabend und nicht mehr „nur“ ein Produkt mit bestimmten technischen Eigenschaften, das die Konkurrenz so oder so ähnlich oft auch im Angebot hat. Viele dieser Informationen bekommt man nicht beim ersten Termin anvertraut und auch oft nur zwischen den Zeilen in einer Besprechungspause oder am Rande einer Veranstaltung.

Der persönliche Kontakt

In einem Bereich, in dem viele hochwertige Produkte einer begrenzten Kundenzahl angeboten werden, spielt also vor allem der persönliche Kontakt eine große Rolle. Je größer das Vertrauensverhältnis und das persönliche Verständnis füreinander ist, desto besser. Respekt voreinander und ein direkter Draht zueinander sind der Schlüssel, wenn es schnell gehen muss oder Probleme* auftauchen. Dabei geht es nicht darum, etwas vorzugeben, das man nicht ist. Wenn der Ansprechpartner Golf spielt und man selbst keine Ahnung davon hat, dann sollte ich kein Pseudowissen heucheln. Es wirkt viel ehrlicher, zuzugeben, dass man davon nichts versteht. Man kann sich interessiert am Hobby des Ansprechpartners zu zeigen. Dies führt ihn in eine Gedankenwelt, die positiv besetzt ist und er kann mit seinem Fachwissen vor Ihnen glänzen. Das kann für die zwischenmenschliche Beziehung förderlicher sein, als jeder Versuch, eigenes Halbwissen einzubringen. Eigene Interessen sollte man nicht zu sehr in den Vordergrund stellen und immer mehr den Kunden zu Wort kommen lassen. Die Ausnahme ist, wenn echtes Interesse an einem eigenen Thema vorhanden ist. Auch das kann die Beziehung fördern.


Sobald man es geschafft hat, dass ein Ansprechpartner von sich aus anruft, um Rat zu fragen, ist eine große Hürde genommen und Sie werden als Berater vom Kunden akzeptiert. Hier bietet es sich an, stets über den Tellerrand hinauszuschauen und auch bereit zu sein, Leistungen zu erbringen, die nicht direkt zu Umsatz führen. Stets den eigenen Vorteil zu suchen, schafft kein Vertrauen.


*Ich teile die Ansicht nicht, dass es nur Herausforderungen gibt und keine Probleme. Ab und zu wird es problematisch und dann muss eine Lösung her und keine sportliche Höchstleistung.


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Teil 2: Kundenbetreuung im Projekt

Einen Kunden zu gewinnen und/oder einen Auftrag zu bekommen ist eine qualifizierte Aufgabe, die viele Kompetenzen erfordert. Effektive Kundenbindung hört bei der Unterschrift „unten links“ jedoch nicht auf – im Gegenteil.

 

Nehmen wir einmal an, dass in der Angebotsphase alles gut lief. Die Anforderungen des Kunden wurden richtig verstanden und man wurde sich einig, das Projekt zusammen durchzuführen. Nehmen wir weiter an, das Ziel ist es, den Kunden langfristig zu binden und rentabel zu arbeiten. Dann gibt es viele weitere Punkte zu beachten und auf dem Weg zum Ziel lauern mögliche Fallstricke und Fettnäpfchen. Andererseits bieten sich auch viele Chancen, den Kunden wirklich zufrieden zu stellen und idealerweise seine Erwartungen zu übertreffen.

Neue Ansprechpartner

Oft sind diejenigen, die den Deal abschließen nicht die, die das Projekt abwickeln. Hier bedarf es einer guten Abstimmung. Wie schon im ersten Teil beschrieben, ist es nicht immer einfach, technische und vertriebliche Kompetenzen unter einen Hut zu bringen. So kam es durchaus schon vor, dass das, was da verkauft wurde nicht dem Leistungsspektrum des eigenen Unternehmens entsprach. Eine gewisse „Nach mir die Sintflut“-Einstellung von gut verprovisionierten Vertriebsbeauftragten und mangelhafte Kommunikation mit den technischen Abteilungen sind mögliche Gründe dafür. Als ehemaliger Kundenbetreuer und Projektleiter im IT-Bereich wurde mir von Kunden oft bestätigt, dass sie es beruhigend finden, wenn ein Ansprechpartner für das, was er ihnen verkauft hinterher im Projekt gerade steht und kein anderer „die Suppe auslöffeln muss“. Hier wurden schlechte Erfahrungen auf Kundenseite mit einer Trennung von Vertrieb und Projektverantwortung deutlich kommuniziert.

Nachverhandlungen sind problematisch

Das beginnt schon vor Vertragsabschluss, denn ein unklar definiertes Projekt ist der Albtraum für jede Auftragsabwicklung. Wenn nicht möglichst alles schriftlich festgehalten wird, sind Missverständnisse vorprogrammiert. Naturgemäß ist es sonst oft so, dass der Kunde mehr erwartet als der Dienstleister zu leisten bereit ist. Nichts ist schlimmer, als sich mit einem Kunden zu streiten und so wird bei einem anfangs lukrativ erscheinenden Auftrag mit Zugeständnissen schnell mal draufgelegt. Hier ist große Diplomatie gefragt, um partnerschaftlich nachzuverhandeln.


Es soll auch Kunden geben, die während der Projektabwicklung die eine oder andere Leistung nachträglich eingebunden haben möchten. Hier ist es erst recht von Vorteil, im Vorfeld die Inhalte klar schriftlich festgehalten zu haben. Dabei können bereits die Bedingungen definiert werden, unter denen eine Leistung nicht mehr im laufenden Projekt unterzubringen ist und extra bezahlt werden muss. Die wichtigste Grundregel ist hier: Je früher klipp und klar kommuniziert wird, wie diese Bedingungen lauten, desto besser. Später zurückzurudern ist nur schwer möglich. Klarheit gehört auch zu einer Qualität im Kundenkontakt. Schwammige Aussagen führen nur dazu, als unsicher wahrgenommen zu werden, und das wird oft direkt ausgenutzt.

Kommunikation ist alles

Zum Beginn eines Projektes müssen oft viele Dinge auf technischer Seite geklärt werden, und es findet meist ein reger Austausch mit den betroffenen Abteilungen statt. Doch das ist nur die halbe Miete. Der enge Kontakt zum Kunden, auch auf Entscheidungsebene und idealerweise durch die Person, die bereits die Verkaufsgespräche geführt hat, ist mindestens genauso wichtig. Eine offene Kommunikation über die gemachten Fortschritte und den aktuellen Stand führen zu größerer Zufriedenheit und Vertrauen beim Kunden. So können Unstimmigkeiten schnell identifiziert und ausgeräumt werden. Im positiven Fall vergewissert man sich der Zufriedenheit des Kunden mit den Fortschritten. Ein fatales Verhalten ist das Abtauchen eines Dienstleisters nach der Auftragserteilung. Selbst bei unverzüglichem Beginn der Arbeit und guten Fortschritten kann beim Kunden ein komisches Gefühl entstehen, wenn der Kommunikationsfaden abreißt.

Erfolgreicher Abschluss

Egal wie es letztlich lief, empfiehlt sich nach jedem Auftrag ein Abschlussgespräch. Hier sollte im Sinne einer offenen Manöverkritik alles auf den Tisch kommen. Das schafft weiteres Vertrauen, und selbst wenn es hakte, kann man Kritikfähigkeit und den Willen zur Besserung vermitteln. Wer über den gesamten Prozess hinweg gut zugehört und offen kommuniziert hat, gewinnt wertvolle Erkenntnisse über den Kunden und lernt, wie dieser „tickt“. Der wird es sich zweimal überlegen, ob er das nächste Projekt mit einem neuen Anbieter bei null beginnt oder bei dem bleibt, der ihn versteht und vertrauensvoll mit ihm zusammenarbeitet.


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Teil 3: Umgang mit (unberechtigten) Beschwerden

Ein unzufriedener Kunde wird oft als Störfaktor betrachtet, der Umgang mit ihm bestenfalls noch als notwendiges Übel. Ein Beschwerdemangement als Prozess zu definieren und klare Aufgaben und Befugnisse zuzuweisen, ist nur die halbe Miete. Selbst, wenn es eine solche Arbeitsgrundlage gibt, ist dadurch der Umgang mit einem Beschwerdeführer zuerst einmal nur formal geregelt.

 

Der wesentliche Aspekt im Falle einer Reklamation ist jedoch die persönliche Kompetenz im Kundenkontakt und spezifische Kenntnisse zum Umgang mit unzufriedenen Kunden. Entscheidend ist die innere Einstellung des Mitarbeiters, der es in diesem Moment mit dem Beschwerdeführer zu tun bekommt. Grundsätzlich handelt es sich um eine kritische Situation, die in einem Menschen Unbehagen auslöst und es spielen sich im Unterbewusstsein die bekannten neurobiologischen Prozesse ab. In einer brenzligen Situation wird Adrenalin ausgeschüttet und von jeher gab es dann nur zwei Möglichkeiten: Kampf oder Flucht. Beide Optionen sind im Kundenkontakt fatal und führen zielsicher in die Eskalation.

Der Beschwerde den Schrecken nehmen

Grundsätzlich ist es also wichtig, sich die Beschwerde als unvermeidlichen Geschäftsprozess bewusst zu machen. Sie sollte als Chance begriffen werden und ein klar definiertes Ziel fest ins Auge gefasst werden. Zumeist heißt dieses Ziel, den Kunden zufriedenzustellen und zu halten. Es kann in Einzelfällen aber auch eine Beendigung der Kundenbeziehung oder andere Optionen bedeuten. Doch diese sind mit Bedacht zu wählen (s. nächster Abschnitt). Je besser die Kundenbetreuung für diese Fälle geschult ist, desto weniger kommen unterbewusste Ängste und Reflexe dabei zum Tragen und desto professioneller wird die Beschwerde bearbeitet und der Kunde zufriedengestellt.

Aufschlussreiche Statistiken

Mehrere Beobachtungen und Studien, vor allem von Unternehmen, ihr eigenes Beschwerdemanagement betrachtend, ergaben interessante statistische Werte. So berichtet ein zufriedener Kunde im Schnitt drei Personen von seinem Erlebnis mit Ihrem Unternehmen. So bald aber etwas schief läuft, erfahren dies bis zu 15 Personen im Umfeld des Kunden. Das zeigt, dass ein negatives Erlebnis wesentlich schwerer zu wiegen scheint als ein positives. Man kann mit einer solchen Story auch wesentlich mehr Aufmerksamkeit erregen als mit einem Happy End. Wenn nun also ein Kunde sich beschwert, weiß dies zumeist schon eine Gruppe von Personen, aber je nach dem Umgang mit dem Kunden, werden es vielleicht nicht noch mehr. Die große Gefahr liegt darin, eine interessante Geschichte zu einer sensationellen zu machen, wenn der Umgang mit der Beschwerde den Ärger des Kunden noch vergrößert. Sollte jedoch eine professionelle und kompetente Bearbeitung erfolgen, ist die Chance groß, dass die Personen im Umfeld des Kunden auch vom positiven Ausgang der Geschichte erfahren und positiv beeindruckt sind. Hinzu kommt, dass ein zufriedengestellter Beschwerdeführer zu einem umso loyaleren Kunden wird. Auch dies kann sowohl statistisch als auch psychologisch begründet werden.

Der richtige Umgang

Professionalität zeichnet sich in erster Linie durch einen erwachsenen, wenig emotionalen Umgang mit einer Situation aus. Das bedeutet, dass man Probleme, die man vielleicht mit Konfliktsituationen aus der Kindheit oder dem Privatleben hat, nicht in die Situation mit dem Kunden überträgt. Es ist wichtig, die oben genannten Fakten zu kennen und Ruhe zu bewahren. So vermeidet man, dass man die negative Rückmeldung und die Emotionalität des Gegenübers persönlich nimmt und das ist ebenfalls ein wichtiger Teil der Professionalität.


Wenn dies gelingt, gerät man auch nicht in einen Rechtfertigungszwang oder lässt sich dazu hinreißen, anderen leichtfertig zu Schuld zuzuweisen. Dies ist im höchsten Maße unprofessionell. Meist ist dem Kunden völlig egal, wer den Fehler letztlich zu verschulden hat, er möchte eine Lösung für sein Problem.


Einfühlungsvermögen ist ebenfalls eine wichtige Fähigkeit im Umgang mit aufgebrachten Menschen. Es ist sehr wichtig, mitfühlend zu sein und Verständnis zu äußern. Aber ACHTUNG: Dies heißt nicht, dass man sich entschuldigt. Wie in jedem Kundenkontakt ist es entscheidend, sich in den Kunden hineinzuversetzen und die Situation aus seiner Sicht zu betrachten.


Wenn es gelingt, die Emotionalität aus der Diskussion zu nehmen und die Sachebene zu erreichen, kann auf Augenhöhe kommuniziert werden. Schlussendlich muss dann nur noch eine zufriedenstellende Lösung her und wenn die nicht direkt angeboten werden kann, dann ein Zeithorizont, in dem der Fall gelöst wird. ACHTUNG: Erfolgt nicht zuverlässig im angegebenen Zeitraum eine Rückmeldung, kann der Schuss gewaltig nach hinten losgehen. Selbst wenn noch keine Lösung gefunden wurde, sollte zumindest ein Zwischenbericht erfolgen.

Nicht Ihre Schuld?

Eine unberechtigte Beschwerde ist ein heißes Eisen. Dies kann der Fall sein, wenn Ihr Unternehmen für den Fehler nicht verantwortlich ist. Hier kann es sinnvoll sein, sich in den Lösungsprozess einzubringen und beispielsweise Kontakt zum verantwortlichen Unternehmen aufzunehmen, um dem Kunden weiteren Ärger zu ersparen.


Sollte die Beschwerde einfach aufgrund eines Missverständnisses entstanden sein oder der Kunde vielleicht sogar selbst schuld sein, ist es dennoch ratsam, verständnisvoll zu reagieren. Eine allzu harsche Antwort macht Sie schnell zum Buhmann, obwohl doch sachlich alles für Sie spricht. Ein kleines Entgegenkommen ist hier vielleicht auch nicht der falsche Weg.


Sollte der Kunde wider besseres Wissen reklamieren, z. B. um einen nachträglichen Rabatt auf eine einwandfreie Leistung zu bekommen, wird es besonders anspruchsvoll. Eine solche Strategie ist moralisch verwerflich und der Kunde versucht, Sie auszunutzen. Hier ist es besonders wichtig, sachlich zu argumentieren und evtl. auch einen persönlichen Klärungstermin anzusetzen. Hier ist eine lückenlose Dokumentation (s. Teile 1 und 2) Gold wert. Ob Sie diese diplomatisch präsentieren und dem Gegenüber ermöglichen, das Gesicht zu wahren oder ob Sie deutlich werden, ist Ihrem Naturell überlassen. Beides kann funktionieren. Wenn Sie sich auf dieses Spiel allerdings einlassen, wird es schwer, es jemals wieder zu durchbrechen.

 

Wichtig ist, daran zu denken, dass Emotionalität der Feind einer gut gelösten Beschwerde ist, egal ob berechtigt oder unberechtigt.


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Teil 4: Den Kunden abholen – die richtige Wortwahl im Vertrieb

Wir alle kennen das: Als Experten gewöhnen wir uns für die unterschiedlichsten Gebiete eine gewisse Fachsprache an. Wir benutzen Abkürzungen und Fachbegriffe mit anderen Insidern tagtäglich und so gehen sie in Fleisch und Blut über. Vor einem Laien oder einer Person, die mit dem entsprechenden Fachbereich weniger vertraut ist, kann es jedoch fatal sein, einfach so weiterzusprechen.


Wenn ein Kundenbetreuer nicht in der Lage ist, sich auch sprachlich auf das Niveau seines Ansprechpartners einzustellen, hat er ein Problem. Eine fremdwortlastige Sprache kann wahlweise als besserwisserisch, arrogant oder schlicht nerv tötend wahrgenommen werden. Je nachdem, wie ein Ansprechpartner strukturiert ist, kann ihn das einschüchtern und verunsichern oder auch verärgern, bzw. trotzig werden lassen. In sich ruhende Menschen weisen schon mal sachlich darauf hin, dass sie nicht verstehen, was ihnen da präsentiert wird, oder fragen schlicht nach, was der eine oder andere Begriff denn bedeutet. Das wird immer die Minderheit bleiben, denn viele Menschen fürchten, sich als Unwissende zu outen, wenn sie „dumme“ Fragen stellen.


Als Mitglied mehrerer Arbeitsgruppen zur Einführung neuer Systeme habe ich immer wieder aus Kundensicht erlebt, wie frustrierend und verwirrend allzu fachliche Präsentationen sein können. Oft wurde nur durch mehrfaches Nachfragen der genaue Stand der Dinge klar. Selbst, als wir als Softwarehaus auf der Suche nach einer Migrationssoftware waren, hakte es immer wieder in der Kommunikation aufgrund der völlig unterschiedlichen Themenfelder und Techniken. Umgekehrt wurde von unseren Kunden mehrfach unsere verständliche und offene Kommunikation positiv hervorgehoben. Dies schien so selten zu sein, dass es für viele Ansprechpartner so erwähnenswert war.

Die Gefahr bei Abkürzungen

Abkürzungen sind die wohl kontextabhängigsten Fachbegriffe überhaupt. Es genügt, eine scheinbar eindeutige Abkürzung in Wikipedia einzugeben und man bekommt die unterschiedlichsten Entsprechungen aus den verschiedensten Fachbereichen. Beispielsweise kennt das Onlinelexikon für „CRM“ 15 verschiedene Entsprechungen. In der Luftfahrt versteht man darunter „Crew Resource Management“, die digitale Rechteverwaltung heißt „Content Rights Management“, es gibt das „Centrum für Reisemedizin“ oder das „Corporate Risk Management“. Das schulische „Class Room Management“ war noch gar nicht aufgeführt. Im schlimmsten Fall gibt es noch eine obskure oder obszöne Entsprechung, die Zuhörer auf ganz falsche Gedanken bringt. Sie sehen, je nachdem, in welcher Branche Sie einen Termin haben, kann es unterschiedlichste Vorstellungen davon geben, was Sie mit einer scheinbar fest definierten Abkürzung meinen. Letztlich gibt es schon alleine von Customer Relationship Management sehr unterschiedliche Vorstellungen und Definitionen.

Anglizismen

Ein unglaublich großes Potenzial, missverstanden oder als befremdlich wahrgenommen zu werden, haben Anglizismen. In bestimmten Umfeldern gilt es als Hipp und kompetent, alle möglichen Begriffe englisch auszudrücken, für die es oft auch gleichbedeutende deutsche Wörter gibt. Bei einem mittelständischen Unternehmen, womöglich inhabergeführt, kann das aber gewaltig nach hinten losgehen. Viele Menschen können lange nicht so gut Englisch, wie Fachleute, die ständig zweisprachig arbeiten, vermuten. Selbst so genannte Kommunikationsexperten unterliegen diesem Irrtum. Ein Beispiel aus der Werbung: Als Douglas den Slogan „Come in and find out“ nutzte, wurde in Umfragen ermittelt, dass die Mehrheit der Deutschen ihn wie folgt übersetzte: „Komm herein und finde hinaus“. Daraufhin wurde der Spruch geändert. Aber auch im IT-Business (EDV-Branche klingt dagegen schon nach Spinnweben und verstaubten, grauen Alt-PCs) gibt es viele englische Begriffe, die für Fachfremde eher wie chinesisch anmuten.


Während der Präsentation einer neuen Serverumgebung bei einem großen internationalen IT-Unternehmen sprach der Redner (Speaker genannt) plötzlich von einem Bottleneck. Auch hervorragenden Englischsprechern kann das Schwierigkeiten bereiten, da man sich hier eher im „Deutsch-Modus“ befindet. Bis manch einer darauf kommt, dass hier der gute alte Flaschenhals gemeint ist, können schon mal die nächsten zwei Sätze des Vortrags verpasst werden. Wenn dem Kunden also erklärt wird, dass er sich das Upgrade der Firmware downloaden soll, weil die neuesten Features die Usability und die Performance steigern, mag es sein, dass er nicht so richtig versteht, was das soll. Bezeichnend ist übrigens, dass die deutsche Rechtschreibkorrektur von Word kein einziges Wort im letzten Satz bemängelt.


Ein ganz eigener Bereich sind übrigens Pseudoanglizismen, die im englischen Sprachgebrauch so nie Verwendung finden. Es gibt weder in Großbritannien, noch in den USA ein Handy und ein Public Viewing ist dort eine Leichenschau. Ein Beamer ist ein Synonym für einen BMW. Lustiger Weise sagen Muttersprachler zur deutschen Entsprechung Projector – ein Wort, das uns bekannt vorkommen sollte. Eine „Mail“ ist im Original schlicht Post, ein „Coach“ ein Sporttrainer oder gar ein Bus und ein „Streetworker“ eine Straßendirne. Hier kann man sich als deutscher Anglizismen-User schnell in Missverständnisse verstricken.


Natürlich sind viele Anglizismen anerkannte, „eingedeutschte“ Begriffe, ohne die es heute nicht mehr geht. Wir kennen den Computer, die (E-)Mail, das Tablet, Parken, Joggen, Coach uvm. Letztlich wurden alte Anglizismen sogar schon gegen neue ersetzt, die hipper klingen. So heißt der gute alte Laptop heute Notebook und ein Training wurde zum Workout.

Fachchinesisch für Fortgeschrittene

Es gibt natürlich noch eine Fülle anderer Fachbegriffe, die immer mit Bedacht gewählt werden sollten. Sie dienen dazu, sich als Experte zu profilieren, denn mit einer zu einfachen Sprache mag sich der Eine oder Andere nicht kompetent genug fühlen. Außerdem grenzen sich Fachleute mittels einer sehr kryptischen Sprache auch gerne von den Laien ab. Was könnte jedoch schlimmer sein, als einen Kunden zu düpieren und ihm das Gefühl zu geben, ein ahnungsloser Laie zu sein? Im Zweifel sollte also eher mal ein Fachbegriff beiläufig mit einem gängigeren Synonym, also einem gleichbedeutenden Begriff, erklärt werden.


Warum sollten Sie sich nicht mal zum Beginn einer Besprechung offen nach dem Sachstand Ihres Gegenübers erkundigen? Erfragen Sie, welches Fachwissen vorhanden ist und auf welcher Ebene Sie das Gespräch führen können. Von sich auf andere zu schließen oder automatisch von gewissen Kenntnissen auszugehen ist nicht mehr als ein Vorurteil, das sich als fatal erweisen kann.


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Teil 5: Effektive Maßnahmen zur Kundenbindung

Auch hier geht es einmal mehr darum, wie ein bestimmter Begriff definiert wurde und was er im Wortsinn bedeutet. Anbieter für Kundenbindungsmaßnahmen sehen hier standardisierte Softwaretools bzw. Geschenke wie Weinpakete oder Lose. Natürlich gehören Geburtstagsgrüße und Weihnachtskarten auch zu den Standards, doch diese Klaviatur beherrscht auch der Wettbewerb.


Hinzu kommt, dass es gerade bei Geschenken und so genannten Incentives immer schwieriger wird, diese an den Mann oder die Frau zu bekommen. Die Richtlinien zur Vorteilsnahme seitens der Unternehmen und des Gesetzgebers werden immer schärfer. Die Vergabe von Fußballdauerkarten an Entscheider im öffentlichen Dienst war nur einer von vielen Fällen, der ein deutliches „G‘schmäckle“ hatte und doch früher gang und gäbe war. Alleine die Besteuerung eines Werbegeschenkes ist eine Abhandlung für sich wert. In großen amerikanischen Unternehmen treibt die Korruptionsprävention manchmal auch komische Blüten. Hier werden Kundenbetreuer in so kurzen Abständen ausgetauscht, dass Klüngeleien und Vetterleswirtschaft nicht mal im Ansatz entstehen können. Dass dies der Kundenbindung erheblich schadet, scheint hierbei völlig außer Acht gelassen zu werden.

Automatisiertes CRM

Es gibt viele Anbieter für Kundenbindungsmaßnahmen und –Tools. Insbesondere im B-to-C-Bereich kann man hier die komplette Klaviatur nutzen, die die Softwareindustrie bietet. Der Kunde kann hier mit individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Angeboten und Newsletterinhalten versorgt werden. Bonusprogramme, Kundenkarten und Freundschaftswerbung sind nur einige Möglichkeiten, die man darüber hinaus einsetzen kann. Doch leiden diese ganzen Bemühungen oft darunter, dass sich Kunden großer Unternehmen selten individuell betreut sehen. Anonyme Call Center, ständig wechselnde Ansprechpartner und oft unkoordinierte Aussagen verärgern viele Kunden schnell und der Effekt der erstgenannten Maßnahmen verpufft.


Dies ist im höherwertigen (B-to-B-)Vertrieb dringend zu vermeiden. Individuelle Kundenbetreuung ist das A und O. Sobald sich ein großer Kunde als einer von vielen fühlt, besteht die Gefahr, ihn zu verlieren. Dies betrifft auch Rabatte, die mit Endkunden immer wieder funktionieren. Im hochwertigen Vertrieb macht man sich mit Preisnachlässen allzu schnell unglaubwürdig. Vor allem aber ist es schier unmöglich, wieder von dieser Rabattstrategie abzurücken.


Auch abgesehen davon steht eine Vielzahl an Maßnahmen zur Auswahl. Letztlich kann man alles, was man Mitarbeitern als Incentives anbietet, auch Kunden zur Unterhaltung anbieten. Zusammen in entspannter Atmosphäre etwas zu erleben, egal ob bei sportlichen Aktivitäten oder am Rande einer Veranstaltung, kann die Beziehung zu einem Ansprechpartner stark intensivieren.

Fachlich profilieren und feiern

Eine sehr effektive Kundenbindungsmaßnahme, die keinen Restriktionen unterliegt, ist eine Kundentagung. Sie können sich mit eigenen oder gar externen Referenten fachlich profilieren und etwas für die Fortbildung ihrer Ansprechpartner anbieten. Es gibt sogar Unternehmen, die dafür mit Erfolg eine geringe Teilnahmegebühr verlangen, denn was nichts kostet, ist bekanntlich nichts. Selbstverständlich gibt es hier die willkommene Gelegenheit für eine feierliche Veranstaltung am Abend und man kann sich in ungezwungener Atmosphäre mit den Kunden unterhalten. Ein unterhaltsames Rahmenprogramm mit Livemusik, einem Magier oder vielleicht einem Kabarettisten lockert die Stimmung auf und bietet Gesprächsstoff. Geschäftliches sollte hier nicht das Hauptthema sein und wenn, dann vom Kunden eingebracht werden.


Aber Achtung! Es geht um eine Tagung, keine Produktpräsentation oder gar Verkaufsveranstaltung. Die Kunden sollen nicht den Eindruck haben, dass ihnen unter dem Deckmantel einer Tagung etwas „angedreht“ werden soll. Das wäre kontraproduktiv und würde die Kundenbindung sicherlich nicht fördern. Natürlich darf es um neue Produkteigenschaften gehen, Neuerungen auf dem Markt und andere fachliche Informationen, aber das eben ohne direkt offensiv zu verkaufen. Eventuell bieten sich auch die Möglichkeit, mit einem externen Referenten über den Tellerrand hinaus zu schauen und interessante Beiträge, bspw. zu Mitarbeiterführung oder Persönlichkeitsentwicklung einzubinden.


Für das Rahmenprogramm sind neben dem „Get Together“ auch der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Golf-Schnupperkurse, exklusive Stadt- oder Museumsführungen, Go-Kart-Rennen, Fahrsicherheitstrainings, oder Flussfahrten auf einem Partyfloß sind nur einige der vielen Möglichkeiten, die sich hier anbieten. Ein kleiner Wettkampf in gemischten Teams schadet dem Zusammenhalt und der Laune sicher auch nicht. Alles ist selbstverständlich abhängig vom Publikum das Sie erwarten und Ihrem Konzept für diese Veranstaltung. Dazu gehört auch die Grundüberlegung, ob Sie die eigenen Räume wählen oder gezielt in ein Tagungshotel gehen. Letzteres kann natürlich für sich gesehen viele Möglichkeiten bieten, das Rahmenprogramm in der direkten Umgebung zu gestalten. Ich habe bereits für verschiedene Arbeitgeber und Kunden solche Veranstaltungen mitorganisiert oder war als externer Referent dabei. Aus dieser Erfahrung heraus weiß ich, wie viel Aufwand dahintersteckt, aber auch, wie sehr es sich lohnt, eine solche Tagung zu veranstalten. Die Resonanz der Kunden war immer sehr positiv und die dabei entstandenen Kontakte waren für die Beziehung zu den Ansprechpartnern und Unternehmen von unschätzbarem Wert.


Eine andere Alternative ist eine Hausmesse, in der Sie evtl. auch Ihren Kunden oder Ihren eigenen Lieferanten und Kooperationspartnern die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren. Auch das kann eine hervorragende Möglichkeit sein, mit Ihren Kunden zwanglos in Kontakt zu kommen. Das Rahmenprogramm kann selbstverständlich ähnlich gestaltet werden. Übrigens bringt eine solche Veranstaltung auch mit sich, dass sich ihre Kunden über ihr Geschäft und letztlich auch über Sie austauschen. Aus meiner Erfahrung heraus ist das jedoch auch absolut positiv zu sehen, denn es erhöht die Identifikation mit Ihnen als Kooperationspartner.

Die grundlegendste Kundenbindungsmaßnahme

Natürlich bringen all die oben genannten Maßnahmen nur etwas, wenn die Beziehung im Grunde stimmt. Ein vertrauensvolles und offenes Verhältnis ist die Grundlage dafür, dass Ihre Kunden auch gerne zu Ihnen kommen oder etwas von Ihnen gerne annehmen. Die genannten Möglichkeiten dienen dazu, eine gute Beziehung noch besser zu machen. Wenn ein Verhältnis eher kritisch ist, dann ist es durch solche Aktionen schwer zu bereinigen. Das gilt generell für zwischenmenschliche Beziehungen. Ein Teamausflug bei schlechtem Betriebsklima oder ein romantisches Wochenende in einer kriselnden Beziehung kann ebenso wenig helfen und macht vieles eher noch schlimmer.


Daher ist die erste und beste Kundenbindungsmaßnahme die Erarbeitung einer auf Offenheit und Wertschätzung basierenden Vertriebskultur, die den Aufbau von nachhaltigen und vertrauensvollen Kundenbeziehungen zum Ziel hat. Ein entsprechendes CRM-System bildet hierfür die Grundlage, aber wesentlich ist eine entsprechend klar formulierte Philosophie, die von allen Beteiligten gelebt wird.


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Teil 6: Mitarbeiter binden als Kundenbindungsmaßnahme

In Zeiten des Fachkräftemangels gehört es zu den wichtigsten Aufgaben eines technologieorientierten Unternehmens, fähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Die Identifikation langjähriger Mitarbeiter mit dem eigenen Unternehmen und dessen Produkten ist ungleich größer als die von neuem Personal. Ganz zu schweigen von spezifischen Kenntnissen über Kunden, Produkte, Abläufe und Strukturen, die man sich nur erwirbt, wenn man über längere Zeit eine bestimmte Stelle bekleidet.


Ein zu schnell wechselnder Vertrieb verunsichert Kunden und sorgt dafür, dass wichtige (Er-)Kenntnisse abwandern. Kein noch so gut gepflegtes CRM-System ersetzen die Branchen- und Kundenkompetenzen, die ein guter Vertriebsmitarbeiter sich über längere Zeit angeeignet hat. Das idealerweise aufgebaute Vertrauensverhältnis kann dadurch erst recht nicht kompensiert werden.

Nicht nur der Vertrieb ist wichtig

In einem modernen IT-Unternehmen haben viele Bereiche Kundenkontakt. Der Support, das Projektmanagement, der Innendienst, die Buchhaltung oder gar die Geschäftsführung sind nur einige Beispiele. Auch hier zahlt sich Kontinuität aus. Wenn ein Kunde bei einem Problem mit einer Zahlung sofort weiß, wen er kontaktieren muss, um Hilfe zu bekommen, ist das unbezahlbar. Je nach Größe des Unternehmens lohnt es sich eventuell, interdisziplinäre Kundenteams einzurichten, damit der Kunde einen festen Ansprechpartner für jeden Bereich hat.

Richtig motivieren

Motivation bedeutet, jemanden dazu zu bringen, etwas Bestimmtes zu tun. Demotivation in dem Sinne gibt es aus meiner Sicht nicht, denn als demotiviert bezeichnete Menschen werden schlicht und ergreifend zur Untätigkeit motiviert oder schlimmstenfalls dazu, genau das Gegenteil von dem zu tun, was sie sollen, beispielsweise den Job zu wechseln.


Doch wie werden Menschen zum Bleiben und zu guter Arbeit motiviert? Eine der beliebtesten Antworten ist hier das Gehalt. Wäre es so einfach, müsste man zur Kundenbindung auch nur ordentlich Rabatte verteilen. Doch gut zahlen oder Nachlässe gewähren können andere auch, das macht nicht den Unterschied. Außerdem ist inzwischen bekannt, dass es andere Faktoren sind, die zufriedene Mitarbeiter bringen. Dass ein ordentliches Gehalt die Basis dafür ist, steht fest, aber wie heißt es so schön? Geld alleine macht nicht glücklich.


Ein wichtiger Motivator ist das passende Arbeitsumfeld. Das bedeutet, Menschen ihrer Fähigkeiten und Interessen entsprechend einzusetzen und sie weder zu unter- noch zu überfordern. Außerdem reagieren Frauen und Männer unterschiedlich auf die verschiedenen Motivationsfaktoren. Männer sind materieller orientiert. Bei ihnen spielen das Gehalt, der Status oder beispielsweise ein Dienstwagen und dessen Ausstattung eine größere Rolle. Frauen bevorzugen erfahrungsgemäß ein harmonisches Umfeld und legen mehr Wert auf Arbeitsatmosphäre und soziale Strukturen. Das ist auch eines der großen Mysterien, wenn viele sich fragen, warum so wenige Frauen in der männlich geprägten Geschäftswelt Führungsaufgaben übernehmen möchten. Eine Quote alleine bringt da gar nichts.


Doch Ausnahmen bestätigen die Regel und auch die meisten Männer wollen sich auf Dauer wohl fühlen und sich nicht immer mit harten Bandagen ihren Status und die dazugehörigen Symbole erkämpfen. In einer Studie in den USA fand man heraus, dass selbst für männliche Mitarbeiter mehr Gehalt ab einem Jahresverdienst von 74.000 Dollar nicht mehr zu einer steigenden Motivation beitrug. Das sind keine Almosen, beweisen aber, dass es materielle Grenzen gibt. Grenzenlos hingegen sind die Anerkennung und die Wertschätzung einer anderen Person.

Motivation durch Führung

„Der Unterschied zwischen Boss und Anführer ? Der Boss sagt: Legt los! Der Anführer: Lasst uns loslegen!“ (Mark Edward Kelly, amerikanischer Astronaut und Missionskommandant)


Der absolut wichtigste Motivationsfaktor ist das Verhalten der Führungskraft. Dieses ist entscheidend, in welche Richtung ein Mitarbeiter motiviert wird (s. o.). Selbstverständlich ist auch Angst ein großer Motivator und mit Druck und Drohungen erreicht man oft zumindest kurzfristig den gewünschten Effekt. Doch verängstigte Mitarbeiter befinden sich viel im inneren Kind, was sie inkompetent für anspruchsvolle Tätigkeiten macht. Das Ende vom Lied ist eine Erhöhung der Fehlerquote und des Krankenstandes bis hin zur größeren Fluktuation auf den betreffenden Positionen. Natürlich gibt es die „Gewohnheitstiere“ und die passiven Mitmenschen, die lieber den Druck aushalten, als sich zu verändern. Sie sind erstklassige Kandidaten für chronische psychosomatische Erkrankungen oder Burnout.


Besser also positiv motivieren und führen, anstatt zu unterdrücken. Wertschätzung ist der Schlüsselbegriff für den Umgang mit anderen Menschen im Allgemeinen und mit weisungsgebundenen Personen im speziellen. Hier mal ein ganz kühner Gedanke: Warum sollte es nicht möglich sein, jemanden einfach mal zu loben für das, was er oder sie tut? Negative Kritik ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, dabei haben Studien ergeben, dass im Schnitt 6 positive Rückmeldungen nötig sind, um einmal kritisieren zu können. Dieser irrwitzig anmutende Wert macht deutlich, wie weit wir oft davon entfernt sind, wirklich positiv zu motivieren. Dabei ist Lob ein unendliches Gut, dessen Verwendung uns nichts kostet, abgesehen vielleicht von etwas Überwindung.


Nach einem Vortrag über Mitarbeitermotivation sagte mir ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, dass er Mitarbeiter hat, die er nicht loben darf, da diese sonst gleich abheben und übermütig werden. Meine Frage war, ob er es denn je probiert hätte, was er verneinte. Dieses Argument wird häufig angeführt und ich halte es für bedenklich. Was ist so schlimm daran, wenn Menschen durch ein Lob euphorisch werden und sich freuen? Und noch etwas zum Thema Vorurteile: Das Sprichwort „Eigenlob stinkt“ ist mit das Dümmste, das die deutsche Sprache zu bieten hat. Warum sich nicht auch mal selbst auf die Schulter klopfen, wenn es schon sonst keiner tut? Man muss ja nicht gleich zum Angeber werden dadurch. Sich selbst zu motivieren ist eine große Fähigkeit.

Kompetenzen systematisch aufbauen

Ein weiterer Motivationsfaktor ist die Möglichkeit zur Weiterbildung. Hiermit sind nicht nur fachliche Schulungen zu den Produkten und Angeboten des Unternehmens gemeint. Es geht auch um Persönlichkeitsentwicklung und so genannte Soft Skills, also die Vermittlung sozialer und kommunikativer Kompetenzen. Sie dienen dem besseren Verständnis von zwischenmenschlichen Zusammenhängen im Büro, im Privatleben und im Umgang mit Kunden.


Hinzu kommt, dass Vertriebs- oder Kommunikationsfortbildungen nicht nur für Vertriebsmitarbeiter geeignet sind. Wie eingangs festgestellt, haben viele Personen in einem Unternehmen mehr oder weniger regelmäßig Kundenkontakt. In meinen Seminaren mit Vertriebsthemen, insbesondere zum Umgang mit Beschwerden, saßen neben den klassischen Kundenberatern schon Azubis, Sekretärinnen, Geschäftsführer oder Supportmitarbeiter Schulter an Schulter. Dies waren nicht nur sehr interessante, weil interdisziplinäre Runden. Es hat sich auch herausgestellt, dass diese Inhalte auch für „Vertriebsfremde“ äußerst hilfreich und nützlich sind.


Dass spezielle Fortbildungen und Coachings absolut notwendig sind, um den Motivationsfaktor Führungskraft positiv wirken zu lassen, liegt auf der Hand. Aber nicht falsch verstehen – es geht nicht um einen dauernden Kuschelkurs und ständige Nachgiebigkeit, sondern um klare Führungskompetenzen. Denn zu den sozialen Kompetenzen, die eine Führungskraft besitzen sollte, zählt auch Härte.